Jahresbericht 2016 final - page 11

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Bau Saar
infrastruktur
Deutschland nimmt so viel Steuern ein
wie nie zuvor. Zugleich verrottet die In-
frastruktur. Dass Rekordeinnahmen und
der zunehmende Verfall der öffentli-
chen Infrastruktur zeitgleich auftreten
können, hat zwei Gründe: Ein Teil der
Körperschaften hatte trotz der guten
wirtschaftlichen Lage Deutschlands und
des Wachstums seit gut sieben Jahren
keinen oder kaum Anteil daran. Nord-
rhein-Westfalen zum Beispiel, das Saar-
land, Bremen oder auch Berlin. Dort sind
die Schulden hoch, es wurde über Jahre
gespart. Die Infrastruktur wird auf Ver-
schleiß gefahren. Dies hatte der AGV Bau
Saar seit über 20 Jahren unermüdlich
und gebetsmühlenartig angeprangert.
Erst durch die plötzliche Vollsperrung
der Fechinger Talbrücke im Frühjahr
2016 ging ein Ruck durch das Saarland.
Wurde vorher die Einhaltung der Schul-
denbremse als Monstranz vor sich her-
getragen, war plötzlich das Thema „In-
frastruktur“, „Fahren auf Verschleiß“ und
„Investitionsstau“ in aller Munde. Da
wurde zur Krisenbewältigung eine „Task
Force Brücken“ eingerichtet, Minister-
präsidentin Annegret Kramp-Karrenbau-
er versprach eine weitreichende Reform
der Behördenstruktur und Wirtschafts-
ministerin Anke Rehlinger kündigte an,
beim LfS kurzfristig Personal aufzusto-
cken.
Dass die stete Kritik der Bauwirtschaft
am Zustand der Infrastruktur und an der
Investitionszurückhaltung der öffentli-
chen Hand nicht zuletzt aufgrund aktuel-
ler Ereignisse Früchte getragen hat, zeigt
die nun eingeleitete Investitionswende –
mit unterschiedlichen Reaktionszeiten in
Bund, Land und Kommunen.
Durch den von Bundesminister Alexan-
der Dobrindt zu Beginn des Jahres 2016
initiierten Investitionshochlauf stieg die
Investitionslinie für die Infrastruktur al-
lein im Jahr 2016 auf mehr als 13 Milliar-
den Euro. Bis 2018 soll sein Investitions-
hochlauf insgesamt 40 % ausmachen. Für
die Autobahnen und die Bundesstraßen
standen 2016 rund 7,4 Milliarden Euro
zur Verfügung; dabei galt der Grund-
satz „Erhalt vor Neubau“. Damit gab es
vergangenes Jahr so viele Mittel wie nie
zuvor für den Bau, den Erhalt, die Mo-
dernisierung und den Betrieb der Bun-
desfernstraßen in Deutschland. Das ent-
spricht für 2016 einer Rekorderhöhung
um 19 Prozent bzw. 1,17 Milliarden Euro
mehr gegenüber dem Haushaltsansatz
2015. Die Investitionswende bescherte
der Bauwirtschaft bundesweit ein Plus
bei den Auftragseingängen von rund 9 %.
Das Problem ist nur: Wer so viel Geld in
die Hand nimmt, muss sicherstellen, dass
Richtung Gigabit-Gesellschaft, die Re-
vitalisierung von Ortskernen und Zen-
tren, die Attraktivitätssteigerung von
öffentlichen Gebäuden und Plätzen und
die bessere technische Ausstattung von
Hochschulen, Schulen und Berufsbil-
dungszentren haben. Auch touristische
Leitinvestitionen und der Bau des ge-
planten Kongress- und Messezentrums
könnten dem Land positive Entwick-
lungsimpulse geben.
Um beide Ziele erreichen zu können,
ist es nötig, die Investitionsbudgets von
Land und Kommunen jährlich um gut
150 Mio. Euro aufzustocken. Rund 100
Mio. Euro sind nötig, um die Investiti-
onslücke zum Schnitt der Länder wieder
zu schließen. 40 Mio. und mehr werden
erforderlich sein, um den Sanierungs-
stau in einem überschaubaren Zeitraum
abzubauen. Ohne einen solchen Investi-
tionsschub droht das Land schon bald in
eine Abwärtsspirale aus schwindender
Attraktivität, rückläufigen privaten In-
vestitionen, Wachstumsschwäche, sin-
kender Steuerkraft und Abwanderung
zu geraten.
Die Investitionen von Land und Kommu-
nen sollten eingebettet werden in eine
Investitionsplanung 2025, die möglichst
verbindlich festlegt, welche Projekte
wann auf der Zeitschiene realisiert wer-
den sollen. Grundlage für diese Planung
sollte eine umfassende Bestandsauf-
nahme sein, in der die zur Sanierung
und Modernisierung der Infrastruktur
erforderlichen Investitionen verlässlich
quantifiziert werden. Zudem sollten sich
Land und Kommunen auf eine Liste pri-
oritärer Leitinvestitionen verständigen.
Um den erforderlichen finanziellen
Spielraum für mehr Investitionen zu
schaffen, wird es nötig sein, die konsum-
tiven Ausgaben weiter zurück zu fahren;
dies insbesondere im Bereich von Krei-
sen und Kommunen. In erforderlichem
Maß kann das nur gelingen, wenn die
inneren Verwaltungsstrukturen des Lan-
des in den nächsten Jahren grundlegend
reformiert werden.
Das ist das Fazit eines Positionspapiers,
das die „Allianz für Reformen“, der auch
der AGV Bau Saar angehört, im De-
zember 2016 vorgelegt hat. Mit ihrem
Positionspapier will sich die Allianz of-
fensiv an der Diskussion über Konzepte
und Reformen zur Zukunftssicherung
des Landes beteiligen. Die Allianzpart-
ner begrüßen es, dass im Land bereits
eine Diskussion über mögliche und nö-
tige Strukturreformen begonnen hat.
Die Allianz ist der festen Überzeugung,
dass eine mutige Reformpolitik bei der
Bevölkerung auf eine positive Resonanz
stoßen wird.
Maßnahme Komplettierung A8 Schwemlingen
Foto: Backes AG
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